Mehrwertinitiative: Lesermeinungen und eine Antwort auf einen Leserbrief

Alt Nationalrat Jans hat in seinem Leserbrief (Zuger Zeitung vom 11. April) recht: Von einem Fraktionschef darf man erwarten, dass er die Grundlagen der Geschäfte kennt. Erstaunlich ist aber, dass ein alt Nationalrat die Fakten zur sogenannten Sachleistung kurzerhand ignoriert. Das von ihm zitierte Memorandum sagt nämlich glasklar: «Der preisgünstige Wohnungsbau ist keine Sachleistung im Sinne des Gesetzes.» Punkt. Auch das Abstimmungsbüchlein bestätigt dies eindeutig.

Wer trotzdem behauptet, die Abgabe könne durch den Bau preisgünstiger Wohnungen als Sachleistungen erbracht werden, führt die Stimmbürger in die Irre. Richtig ist: Wer günstigen Wohnraum schafft, zahlt weniger Abgabe. Das ist aber keine Sachleistung, sondern schlicht eine Reduktion. Dies an und für sich schafft aber noch keinen Wohnraum, sondern erhöht die Staatskasse lediglich etwas weniger. Das sollte man ehrlich so kommunizieren – alles andere verwässert die Diskussion. Wenn nun aber eine Gemeinde, wie dies aktuell die Stadt Zug vorschlägt, explizit preisgünstigen Wohnraum anstatt einer Abgabe von den Bauherren einfordern möchte, würde dies nun durch Initiative und Gegenvorschlag zumindest stark erschwert bis verhindert, sowie die Gemeindeautonomie komplett aufgehoben.

Ebenso nebulös bleibt Jans’ Aussage, Bebauungspläne seien nur bei einer Aufzonung betroffen. Fakt ist: Alle Bebauungspläne unterliegen der Abgabe, sobald die Freigrenze überschritten ist. Ob aufgezont wurde oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Wer etwas anderes behauptet, verkennt den Gesetzestext – oder hofft, dass es niemand nachliest.

Und jetzt zum oft zitierten «leistungsfreien Gewinn»: Der existiert bei Bebauungsplänen so schlicht nicht. Denn bevor überhaupt ein einziges Stockwerk gebaut werden darf, muss die öffentliche Hand mitreden – sei es bei Gestaltung, Infrastruktur und Weiterem. Von der Zeit und den Kosten, reden wir hier noch gar nicht. Die höhere Ausnutzung gibt’s also nicht gratis, sondern gegen klare Auflagen. Von leistungslos kann keine Rede sein. Kommt jetzt noch eine zusätzliche Abgabe obendrauf, wird das Bauen unattraktiver – genau dort, wo dringend Wohnraum gebraucht wird. Darum am 18. Mai: 2x Nein zu Initiative und Gegenvorschlag.

Michael Arnold, Kantonsrat/ Fraktionschef FDP, Baar

Am 18. Mai stimmt die Zuger Bevölkerung über die Mehrwertinitiative und den Gegenvorschlag ab. Leider wird kolportiert, dass die geforderte Mehrwertabgabe nicht für Bebauungspläne gelte. Das ist falsch. Es gilt festzuhalten: Beide Vorlagen verteuern Verdichtungsprojekte zwingend und massiv.

Die angestrebte Verdichtung erfolgt vor allem über Bebauungspläne. Die Bebauungspläne sind laut Baudirektion der Hauptanwendungsfall der Mehrwertabgabe.

Mit der Initiative und dem Gegenvorschlag müssten Bauherrschaften bei sogenannt einfachen Bebauungsplänen neu eine zwingende Mehrwertabgabe zahlen. Zwar ist ein statischer Freibetrag vorgesehen. Dieser Freibetrag beruht aber auf Annahmen, die angesichts stark steigender Landpreise realitätsfremd sind – er wird deshalb innert kurzer Zeit weitgehend an Wirkung verlieren. Bei der bisherigen Regelung zur Mehrwertabgabe waren einfache Bebauungspläne explizit ausgeklammert, um die notwendige Verdichtung nicht zu behindern.

Mit einem einfachen Bebauungsplan können sich mehrere Grundeigentümer zusammenschliessen, um eine gesamtheitlich geplante Überbauung zu realisieren. Die Bauherrschaft verpflichtet sich, mit der Gesamtplanung eine besonders gute architektonische Gestaltung sowie eine besonders gute städtebauliche Einordnung des Projekts zu erzielen.

Als Gegenleistung für die massiv höhere Komplexität und die stark steigenden Kosten und Risiken wird der Bauherrschaft erlaubt, 20 Prozent mehr Wohnraum zu realisieren. Die nun geforderte, unnötige Einführung einer Mehrwertabgabe von bis zu 50 Prozent würde den planungsrechtlichen Anreiz für parzellenübergreifende Gesamtplanungen untergraben und letztlich aushöhlen.

Als Konsequenz werden Bauherrschaften vermehrt auf die Anwendung von einfachen Bebauungsplänen verzichten und so weniger Wohnraum realisieren, als theoretisch möglich wäre. Klar ist: Ohne eine Gegenleistung ist keine Bauherrschaft bereit, sich einem zusätzlichen komplexen Planungsverfahren mit hohen Kosten und Risiken (Einsprachen) unterzuordnen.

Ich empfehle eindringlich, am 18. Mai 2x Nein zur Initiative und zum Gegenvorschlag zu stimmen.

Manuel Lenz, Unternehmer, Baar

Zuger Wohnungsmieten sind meist Marktmieten. Das heisst Angebot und Nachfrage bestimmen das Geschäft. Wobei das Angebot beschränkt ist und die Nachfrage steigt. Im Spiel dieser Kräfte streben die Marktmieten stets gegen ein Niveau, welches (die solventesten) Mieter gerade noch zu zahlen bereit sind. Und die weniger Solventen haben das Nachsehen. Es liegt auf der Hand, dass die Politik nach Lösungen sucht, Letztere zu entlasten. Leider ist der Wohnmarkt gleichermassen komplex wie emotional. Und das macht Massnahmen schwierig und kontrovers. Doch es gibt noch Wunder.